Was bewegt ca. 70 Menschen dazu, sich an einem Samstag bei schönstem Wetter in geschlossenen Räumen zu versammeln und sich einen ganzen Tag lang mit beruflichen Themen zu beschäftigen? Ein Barcamp – genauer: ein Agile Design Camp.
Das Agile Design Camp – eine Veranstaltungsreihe – wurde dieses Jahr veranstaltet von Mitarbeitern der hmmh multimediahaus AG und in ihren schönen Räumen – im Tower hoch über den Dächern Bremens – durchgeführt. Die Müller Ditzen AG war einer der Sponsoren.
Was genau ist ein Barcamp? Bei dieser noch recht jungen Veranstaltungsform stehen vor Beginn die Speaker und Beiträge zu einem vorher festgelegten Themenkontext noch nicht fest. Die Speaker stellen sich und ihr Thema am Anfang vor und müssen beim Publikum für sich werben. Ergibt sich ein ausreichendes Interesse, wird der Vortrag in die Agenda aufgenommen, sonst nicht.
Im Prinzip ist ein Barcamp für jeden Themenkomplex geeignet. In diesem Fall ging es um »Agile Prozesse«, und dafür eignete sich diese agile Veranstaltungsform ganz besonders. Für die Veranstaltung ergaben sich eine Vielfalt an Vortragsthemen, die sich rund um die Theorie agiler Prozesse, um unterschiedliche Durchführungsmodelle und Praxiserfahrungen sowie um geeignete Software drehten.
Grundsätzlich sind »Agile Prozesse« für die gesamte Kreativbranche interessant (siehe Buch »Agiles Publishing«), sie werden jedoch aktuell vor allem in der Websiteerstellung eingesetzt. Die Idee kommt aus der Softwareentwicklung. Agile Projektabwicklung versucht mit geringem bürokratischen Aufwand und wenigen Regeln sowie einem iterativen (sich in Zyklen wiederholenden) Vorgehen auszukommen. Damit versucht man, auf die immer komplexeren und kurzlebigen Anforderungen der Auftraggeber und der Technik zu reagieren.
In einem der Vorträge wurde das »Agile Manifest« vorgestellt, das da lautet:
- Menschen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
- Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation.
- Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als die ursprünglich formulierten Leistungsbeschreibungen.
- Eingehen auf Veränderungen ist wichtiger als Festhalten an einem Plan.
Der agile Prozess (z. B. »Scrum«) steht im Gegensatz zum weit verbreiteten »Wasserfallprozess«, bei dem erst die Konzeption, dann das Design, dann die Entwicklung und dann das Testen erfolgt. Gibt es am Ende Korrekturen oder Änderungswünsche, muss die ganze Schleife neu durchlaufen werden. Das dauert lang und ist zudem kostspielig. Indem der Kunde bei der agilen Projektabwicklung in kurzen, überschaubaren Abständen in den Projektfortschritt einbezogen wird, sollen Fehler schneller erkannt und behoben werden. Auch auf Änderungswünsche kann zügiger reagiert werden. Zudem arbeiten Designer und Entwickler in interdisziplinären Teams von Anfang an eng zusammen, um das Design auch gleich auf Usability und Anwendungstauglichkeit testen zu können. Schon allein, weil Websites heute »responsive« sein müssen, um auch auf mobilen Ausgabegeräten gut zu funktionieren, ist der klassische Arbeitsweg – erst in Photoshop zu layouten und dann zu programmieren – nicht mehr praktisch. Webdesigner müssen heute idealerweise selbst »coden« können, um Gestaltungselemente gleich auf den Endgeräten oder inentsprechenden Simulationsprogrammen zu testen. Gestaltet werden auch nicht mehr ganze Seiten sondern einzelne Module, die dann auf verschiedenen Bildschirmgrößen angepasst und neu zusammengesetzt werden.
Der Kunde (der »Projekt-Owner«) muss bei all dem natürlich auch dazulernen und sich an neue Präsentationsformen während des Entwicklungsprozesses gewöhnen. Und: auch er muss agil mitarbeiten. Die bei den Vorträgen immer wieder eingeworfenen Erfahrungsberichte der anwesenden Webdesigner und Entwickler zeugten davon, dass dies nicht immer ist und vor allem geschickt kommuniziert werden muss.
Die Agenturen sind durch die erforderliche Umstrukturierung der Arbeitsprozesse zunächst vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Teams müssen neu geordnet, Aufgaben neu verteilt und Kunden anders eingebunden werden. Große Agenturen mit vielen Mitarbeitern haben es da sicher nicht leichter als kleine. Im Großen und Ganzen befindet sich die Umstellung auf agile Prozesse noch in der Umsetzungsphase. Deshalb stoßen Veranstaltungen wie das Agile Design Camp auch auf so großes Interesse bei den Produzenten. Da schaut man gern mal über den Tellerrand und lässt sich von anderen inspirieren. Schön, dass bei solch einem Barcamp der Wettbewerb mal außen vor bleiben und offen diskutiert werden kann.
Als kleines Bonbon am Nachmittag konnten sich die Teilnehmer ihr Veranstaltungs-T-Shirt auf der Vorderseite mit einem Motiv Ihrer Wahl bedrucken lassen. Und sie durften es natürlich auch mit nach Hause nehmen.
Sehr angenehm für diese Art der Veranstaltung war die weiträumige Location (hmmh im Tower, 12. Stock) mit dem prächtigen Ausblick über die Dächer Bremens sowie die gute Verpflegung während des gesamten Tages. Daumen hoch für die Organisation!
Unser Resumée: absolut empfehlenswert – auch bei schönstem Wetter draußen und an einem Samstag!
Wir danken hmmh multimediahaus AG für die Bereitstellung eines Teils der Bilder.